another point of view

Es ist natürlich klar, dass Menschen, die über 8.000 km entfernt leben, eine völlig andere Kultur haben. Umso spannender ist es, diese kulturellen Unterschiede selbst erfahren zu können. Und genau dieses Glück habe ich zur Zeit. Während meiner ersten Wochen hier in China durfte ich schon einiges erleben und bekam erste Einblicke in eine ganz andere Lebensweise als unsere. Einige Unterschiede möchte ich mit euch teilen.


SMALLTALK
Während ich es in Deutschland oder auch englischsprachigen Ländern gewohnt bin, einen lockeren Smalltalk mit "Hallo, wie geht's?" zu beginnen, gibt es das hier nicht. Hier wird die Frage nach dem Befinden eher dann benutzt, wenn der Gegenüber schlecht/krank aussieht, habe ich mir erklären lassen. Nun kann ich die verstörte Reaktion einer Kollegin, die ich "Hi, how are you" gefragt habe, schon besser nachvollziehen. Hier dagegen ist es üblich, sich um die Mittags- und Abendessenszeit zu fragen, ob man schon gegessen habe. "Nǐ chī le ma?" ist das chinesische "how are you" und wird zu Personen gesagt, mit denen man schon ein etwas engeres Verhältnis pflegt.

NIESEN
Insbesondere bei starken Temperaturunterschieden zwischen draußen und drinnen ist eine Erkältung vorprogrammiert. Während in Deutschland die Antwort "Gesundheit!" völlig normal ist, so ist das hier nicht üblich. Auch witzig: Von zuhause ist mir bekannt, dass "einen Schluckauf haben" bedeutet, dass an einen gedacht wird. In China trifft dieser Gedankengang auf das Niesen zu. Niest jemand, so denkt ein anderer an einen.

GESCHMACKSNERVEN
Auch diese unterscheiden sich meiner Meinung nach ganz gewaltig von unseren. Kurz nachdem ich hier angekommen bin, habe ich mir hungrig und voller Erwartung in einem Laden um die Ecke ein lecker aussehendes Pizzastück gekauft. Als ich freudig und mit knurrenden Magen in das Stück hineinbiss, verging mir der Appetit. Was ist denn das, was ich da schmecken muss? Ein Pizzateilchen mit Tomate, Salami, Zwiebel und Käse....und....Zimt und Zuckerguss? Okay, das kann ja heiter werden, dachte ich....ABER....Ich habe mich voll auf die chinesische Küche eingelassen und bin total begeistert. Nudeln, Reis, Gemüse, Dumplings (das ist die chinesische Version von Maultaschen), jedes Essen wird zum Festmal. Streetfood bietet das absolute Geschmackserlebnis. Aber auch die Auswahl an Restaurants mit internationaler Küche verschiedenster Länder ist hier gewaltig und es kann geschlemmt werden, was das Zeug hält.

SCHÖNHEITSIDEAL
Braun sein ist bei uns ein Zeichen von Lebensfreude, viel draußen unterwegs sein und Wohlstand (da man sich Urlaub o.ä. leisten kann). Und auch nach dem heißesten Jahrhundertsommer werde ich noch immer gefragt, ob ich den Sommer im Skiurlaub verbracht habe. So ist das eben, wenn man für etwas Bräune tagelang in der Sonne braten müsste! Hier dagegen kann ich getrost mit kurzer Hose rumlaufen, ohne mir dumm vorzukommen. Bleich sein ist en vogue und meine weißen Beine werden für meinen Geschmack fast zu sehr gefeiert. Bei einem Gespräch mit einer Chinesin kamen wir zum Entschluss, dass man wohl immer das haben möchte, was man nicht hat. Dem kann ich nur zustimmen.

REIZÜBERFLUTUNG
Vor allem in den ersten zwei Wochen war ich einer extremen Reizüberflutung ausgesetzt. Chinesen scheinen im Gegensatz zu uns eine polychrone Auffassungsgabe zu haben. Das bedeutet z.B., dass mehrere Personen gleichzeitig reden können oder es ihnen nichts ausmacht, trotz lauter Stimmen (Werbung?) noch Videoanrufe zu tätigen, während sie ihren Wocheneinkauf tätigen. Auch wenn das für mich anfangs sehr sehr anstrengend war, bin ich dagegen mittlerweile abgehärtet.

In den Wochen, die mir noch bevorstehen, werden mir noch einige Unterschiede auffallen, die ich aufschreiben werde. Und ich freue mich schon unglaublich auf den kulturellen Austausch, den ich hier noch erleben darf.

出     门     问     路     ,     入     乡     问     俗     。
chū     mén     wèn     lù           rù     xiāng     wèn     sú

...und auf Deutsch: Wenn du zur Tür hinausgehst, frage nach dem Weg. Wenn du in ein fremdes Land gehst, frage nach den dort herrschenden Sitten.

In diesem Sinne, bis zum nächsten Beitrag. :)
eure Christina

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